Lost Places – Die Burgruine Hardenberg12 Minuten Lesezeit

Was ist es, was uns zu verfallenen Ruinen zieht? Worin liegt die Faszination von Lost Places? Die Burgruine von Nörten-Hardenberg war viele Jahrzehnte lang nicht mehr zugänglich.
Die Burgruine Hardenburg
Der Hardenberg bei Nörten ist aber die schönste.“
mkl 03.03.2023 Wenige Kilometer vor Göttingen liegt der kleine Flecken Nörten-Hardenberg in Niedersachen/Deutschland. Hier ist der Sitz der Grafen von Hardenberg. Oben auf dem Berg stehen die Reste der 1000jährigen Burg.
Die sehr wahrscheinlich bis in das ausgehende 11. Jahrhundert zurückgehende Burg diente im Spätmittelalter als Ganerbenburg.
1. Die Burg
Die Burg ist direkt auf und in den Felsen gebaut. Ein 20m breiter und 20m tiefer Graben umgibt sie.
1.1. Der Halsgraben
Der künstlich angelegte Halsgraben umschließt die Burganlage nur an den Seiten des Areals, die nicht durch natürliche Hindernisse geschützt sind. Man findet ihn hauptsächlich in Höhenburgen.
Burgen in Spornlage für die der Ausdruck Halsgraben ursprünglich benutzt wurde, werden auf Grund ihrer Lage an drei Seiten von Berghängen geschützt. Es bleibt die engste Stelle des Bergsporns, dem „Flaschenhals“. Die Burg war dann nur noch über eine Brücke – meist eine Zugbrücke – erreichbar.
Heute werden bei Burganlagen, die an einer oder zwei Seiten von einem tiefen Trockengraben umgeben sind, der Graben ebenfalls so genannt.
Bei Trennungen innerhalb einer Burg wird der Graben Abschnittsgraben. genannt. Während des 15. Jahrhunderts wurde 0der Graben innerhalb der Burg gesetzt. Dazu wurde eine Außenwand des Vorderhauses um 3,50m in den Graben verschoben.
1.3. Der Innenhof
Die ältesten Bauteile findet man im Bereich des Hinterhauses. Erhalten ist die Außenwand eines Gebäudes aus Sandsteinquadermauerwerk, das im 19. Jahrhundert ergänzt wurde. Ein romanisches Fenster, das stilistisch in die Mitte des 12. Jahrhunderts datiert wird, ist ein wichtiger Fund.
In einer Urkunde von 1397 findet sich ein Hinweis auf einen Turm, der 1840-42 zur Aussichtsplattform umgebaut wurde.

Die baulichen Veränderungen im 15. Jahrhundert zur Ganerbenburg werden noch untersucht.
Im Nordwesten befindet sich ein weiterer Wohntrakt, der nach Baubefund der Zeit um 1500 angehört.
1616 wurde ein Wappenstein der Grafen von Hardenberg (Eberkopf) als Spolie oberhalb der heutigen Toranlage im Nordwesten angebracht.
Durch Felseinstürze im späten 17. und frühen 18. Jahrhunderts begann der Verfall der Burg durch den die Familie die Burg nach und nach verlassen musste.

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2. Die Gebäude
2.1. Das Vorderhaus
Die Reste des Vorderhauses liegen jenseits des Grabens. Eine Westwand erreicht eine Höhe von 17m. Die Fensterformen stammen aus dem 16. Jahrhundert. Der Bau ist in 11m Breite mit einem flachen Tonnengewölbe unterkellert.
Nach Nordwesten schließt sich ein dreigeschossiger Wohntrakt aus der Zeit von 1500 mit einer Grundfläche von 24 x 12m an.
Informationen über die tiefer gelegene, sich anschließende Vorburg fehlen bislang.
Der Backofen im Vorderhaus ist noch gut erhalten.
Ab 1998 wurde die Bausubstanz gesichert. Dabei fanden bauhistorische und archäologische Untersuchungen statt.
2.2. Das Hinterhaus
Der ältere Teil der Burganlage ist das Hinterhaus. Gut erhalten ist ein romanisches Fenster mit Zwischensäule und Würfelkapitell aus dem 12. Jahrhundert. Das Untergeschoss wurde aus dem gewachsenen Felsen gehauen.
Teile der Außenwände wurden im 19. Jahrhundert ergänzt. Südlich schließt sich mit unregelmäßigem Grundriss ein zweiter Trakt an. Am Knick der Außenwand erkennt man zwei Bauphasen.
Die Burgbereiche waren über eine Holzbrücke mit 20m breiten und 5m tiefen Abschnittsgraben getrennt.
Beide Parteien schlossen einen Burgfrieden. In dem Hinterhaus wohnten die Herren von Hardenberg. 1720 die Burg verließen sie die Burg.
2.3. Der Turm
Urkundliche Erwähnungen eines Turmes von 1397 beziehen sich wahrscheinlich auf den Treppenturm, der 1840 bis 1842 zu einem Aussichtsturm umgestaltet wurde. Der Turm ist etwas baufällig. Die Wendeltreppe führt nicht bis ganz oben.
Zu der Zeit wurden auch eine Zugbrücke und ein Eingangstor errichtet.
2.4. Der Keller
Der alte Keller ist mit einer gut erhaltenen Sandsteinmauer eingefasst.

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3. Die Geschichte der Burg
- 1101 Gründung durch das Erzbistum Mainz
- 1287 Verpfändung an Burgmänner
- 1357 ziehen Burgmänner der Grafen Hardenberg ein
- 1409 Teilung der Familie von Hardenberg
- 1669 mit Jost Asche stirbt die erste Hinterhaus-Linie aus
- Hildebrand Christof von Hardenberg teilt den Besitz auf und übernimmt das Vorderhaus
- 1698 Vorderhaus Verfall
- 1710 Vorderhaus wird verlassen
- 1713 letzter Besitzer des Hinterhauses stirbt kinderlos
- 1720 Bewohner des Hinterhaus verlassen die Burg
- 1840 Sanierungsmaßnahmen und Neubauten
- 1962 Sanierungsarbeiten, Ausgrabungen
- 1980er erste Begehungen des Burgareals
Die Burg war mehrere Male Ziel kriegerischer Auseinandersetzungen und Belagerungen.
Die Freiherren von Hardenberg stammen ursprünglich aus Thüdinghausen und Großenrode. Sie waren Burgmannen der Erzbischöfe von Mainz. Seit 1219 führt die Familie den Namen Hardenberg. Seit 1287 hatten Angehörige des Geschlechts die Burg Hardenberg in Pfandbesitz. Obwohl dieser 1607 gekündigt wurde, konnte der Stammsitz mit Hilfe des Herzogs Heinrich Julius von Braunschweig gehalten werden. Die Familie von Hardenberg teilte sich um 1409 durch Dietrich von Hardenberg. Dabei bildeten sich die Zweige Vorder- und Hinterhaus. Hildebrand Christoph von Hardenberg gilt als Stammvater der späteren Linie. 1682 war er Präsident des geheimen Ratskollegiums zu Braunschweig. Landrat Hans Ernst von Hardenberg wurde durch Kaiser Joseph II. am 8. März 1778 in Wien in den Reichsgrafenstand erhoben. Als im März 1698 bei einem großen Gewitter das Vorderhaus zusammenstürzte, gab es einen Augenzeugen, den Hauslehrer, dessen Erzählungen schriftlich niedergelegt wurden. Laut Überlieferung soll beim Einsturz eine Gräfin mitsamt Bett einige Stockwerke tiefer gefallen sein. Sie wurde trotzdem noch über 90 Jahre alt. Die ehemaligen Bewohner siedelten nach Göttingen um. 1710 zogen sie in das neu errichtete Schloss Hardenberg am Fuße des Berges um. Die Linie des Hinterhauses zog nach Hardenberg im heutigen Brandenburg. Nachdem sie die baufällige Burg verlassen mussten, bauten sie am Fuße des Bergs ab 1701 ein Herrenhaus. Baumeister war Georg Sigismund Schmidt aus Hannover. 1710 wurde das Schloss bezogen. Es kann nicht besichtigt werden. Es dient der Familie als Wohnsitz. Ende des 18. Jahrhundert wurde auf Veranlassung von Christiane von Reventlow, der Ehefrau von Karl August von Hardenberg, ein fast 100 Morgen großer Gutspark angelegt. Der Schlosspark kann mit Führung besichtigt werden. Die Burgruine ist immer noch im Besitz der gräflichen Familie von Hardenberg. Als Familie leben derzeit drei Generationen im „Neuen Schloss“ zusammen. Viele Familienmitglieder arbeiten in den Bereichen Forstwirtschaft, Landwirtschaft, Spirituosen und Pferdehaltung. Carl Graf von Hardenberg arbeitet im Aufsichtsrat bei Hardenberg-Wilthen AG. Geschäftsführer ist Graf Hardenberg Junior. Die Ritter der Plesseburg wollten 1350 die Hardenburg überfallen. Wegen einer Feier mit reichlich Alkohol lagen die Burgbewohner im Tiefschlaf. Aber bei der Ankunft schreckten die Angreifer ein Wildschwein auf. Durch den Lärm wachten die Bewohner auf und konnten bei einem Kampf in letzter Minute die Angreifer in die Flucht schlagen. Aus Dankbarkeit wechselten die Hardenberger ihr Wappen aus und nahmen den schwarzen Keiler in das Wappen auf. Der Keiler ziert seitdem den Landsitz, die Brennerei und die Wanderwege. Vor 300 Jahren wurde die Brennerei als Gräflich von Hardenberg’sche Kornbrennerei gegründet. Gründer war Fritz-Dietrich von Hardenberg Die Distillery kann besichtigt werden. Das 5-Sterne Relais & Châteaux Hardenberg Burghotel liegt am Fuße der Burgruine Hardenberg. Das Fachwerkhaus stammt aus dem 18. Jahrhundert. Georg Philipp Friedrich Freiherr von Hardenberg ist ein Vorfahre der heutigen Grafen. Sein Künstlername war Novalis. Gourmets überzeugt Küchenchefin Katja Burgwinkel seit Jahren mit kreativen Gerichten. In der gutbürgerlichen Keilerschänke steht Wildschwein immer auf der Karte. Schließlich ist der Keiler das Wappentier der Hardenbergs. Das Restaurant Novalis ist für seine Nachhaltigkeit der Produkte bekannt. In Nörten-Hardenberg gibt es zwei Möglichkeiten, um zu heiraten. Seit 2009 kann man im renovierten Rathaus des Ortes heiraten. Es besteht noch die attraktive Möglichkeit, in der Burgruine zu heiraten. Das Standesamt benutzt den Gewölbekeller mit seinen antiken Möbeln für Trauungen. Für die Feier kann man bei schönem Wetter in der Burgruine feiern oder im Hardenberg Hotel.
4. Die Geschichte der Bewohner
4.1. Das Vorderhaus stürzt zusammen
5. Das Leben außerhalb der Burg
5.1. Das Schloss Hardenberg
5.2. Der Schlosspark
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Galerie 6. Die Familie von Hardenberg
6.1. Das Wappen
7. Der Besitz der Familie
7.1. Die Distillery
7.2. Das Burghotel
7.3. Das Restaurant Novalis
Burgen und Schlösser
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Galerie 8. Die Verwendung der Burgruine
8.1. Das Standesamt
Autor
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